Eine aktuelle Umfrage unter rund 550 Handelsbetrieben verschiedener Größen und Vertriebsschwerpunkte zeigt: Zwei Drittel der Unternehmen erwarten bei einer starken Mindestlohnerhöhung negative Effekte auf die Mitarbeiterzahlen – bis hin zu konkreten Personalabbaumaßnahmen.
„Der Einzelhandel befindet sich im dritten Krisenjahr in Folge. Unsere Mitgliedsbetriebe kämpfen mit enormen Kostensteigerungen, knappen Margen und kaum vorhandenen finanziellen Puffern. Eine weitere Belastung durch einen höheren Mindestlohn kann von vielen Betriebe schlicht nicht mehr gestemmt werden“, erklärt Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg. „Insbesondere größere Unternehmen, die bislang stabile Beschäftigungszahlen vorweisen konnten, sehen sich nun gezwungen, Stellen abzubauen. Das ist ein alarmierendes Signal.“
Ein zusätzlicher Effekt ergibt sich aus dem sogenannten „Lohndruck“ im Tarifvertrag: Steigt der Mindestlohn oberhalb jeglicher Produktivitätszuwächse, verändern sich nicht nur die tariflichen Einstiegslöhne, sondern auch die darüberliegenden Gehaltsgruppen passen nicht mehr, um ausreichende Abstände zu wahren. „Dieser Dominoeffekt ist ein schwerwiegender Eingriff in das gesamte ausgehandelte Tarifgefüge und birgt Sprengstoff für die Personalkosten der Unternehmen“, warnt Dr. Philip Merten, Vorsitzender der Tarifkommission des Verbands. „Die Verlässlichkeit des tariflichen Vergütungsgefüges war bislang ein guter Grund für Handelsunternehmen, tariftreu zu sein.
Ein politischer Mindestlohn in der angestrebten Höhe zerstört dieses Vertrauen auf einen Schlag. Der Flurschaden wird erheblich sein.“
Nicht minder problematisch sind die sich abzeichnenden weiteren Belastungen durch wachsende Sozialversicherungsbeiträge. 92 Prozent der befragten Handelsbetriebe sprechen sich klar gegen zusätzliche Abgabensteigerungen aus. Dr. Merten betont: „Es braucht dringend ein Belastungsmoratorium für Unternehmen, um Beschäftigung zu sichern und die wirtschaftliche Erholung
nicht zu gefährden.“
Der Handelsverband Baden-Württemberg spricht sich daher für eine Nullrunde bei der nächsten Mindestlohnanpassung aus. Die unabhängige Mindestlohnkommission sollte in ihrer Entscheidung die angespannte Lage der Branche berücksichtigen und einer politischen Einflussnahme konsequent widerstehen.
„Lohnfindung gehört in die Hände der Tarifpartner. Wenn der Mindestlohn zum politischen Spielball wird, untergräbt das die Tarifautonomie und destabilisiert den gesamten Arbeitsmarkt“, so Hagmann. „Gerade in Zeiten multipler Krisen ist Verlässlichkeit das höchste Gut.“
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